Interview mit Sebastian Jansen, Technischer Leiter, Lurse-Standort Düsseldorf
Was sind die Erfolgsfaktoren der Digitalisierung?
Sich klare Ziele zu setzen, halte ich für den ersten wichtigen Schritt. Dabei hilft es nicht, einfach nur von Digitalisierung zu sprechen, denn das Wort meint an sich nur die technische Unterstützung oder Durchführung von Prozessen. Das reicht jedoch häufig nicht aus. Ein schlechter Prozess wird nicht besser, nur weil man ihn digitalisiert. Um spürbare Effekte zu erzielen, muss man alte Strukturen aufbrechen und Arbeitsabläufe neu durchdenken. Anschließend lassen sich die Ziele und ihre Realisierbarkeit Schritt für Schritt überprüfen. Soll das System beispielsweise eine Depot-Transaktion automatisch anstoßen? Dann muss die Depotbank entsprechende Schnittstellen zur Verfügung stellen. Tut sie dies nicht, steht man vor der Entscheidung, entweder die Depotbank zu wechseln oder den Prozess weiterhin manuell auszuführen. Erfolgreiche Digitalisierung setzt den Willen zur Veränderung voraus.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Datenqualität. Damit Prozessschritte automatisiert werden können, müssen die Daten maschinenlesbar sein. Je mehr Daten sich in das System einspeisen lassen, desto unabhängiger wird es von manuellen Eingriffen. Nehmen wir als Beispiel die Prüfung auf Unverfallbarkeit bei Austritt. Grundsätzlich ist dieser Vorgang einfach zu automatisieren. Wenn aber Eintritte in Zusagen nicht korrekt gepflegt wurden oder vertragliche Unverfallbarkeiten im System fehlen, muss die Akte weiterhin manuell geprüft werden. Die Automatisierung dieses Prozessschrittes ist also nicht mehr möglich. Daher gilt: Wenn Daten und geplante Abläufe gut aufeinander abgestimmt sind, dürfte sich eine Digitalisierung lohnen.
Was sind die Besonderheiten der Prozessdigitalisierung in der bAV?
Prozesse in der bAV können besonders kompliziert sein. Ein einzelner Kunde kann über mehrere Versorgungsordnungen verfügen, und im Falle einer langen Organisationshistorie können diese auch mehrfach überführt worden sein. Dazu kommen die immensen Gestaltungsspielräume. All das erfordert fast immer multiple Fallunterscheidungen und komplizierte Sonderregeln. Prozesse und Rechenkerne müssen darauf Rücksicht nehmen. Sie sollten daher auf keinen Fall durch schlechtes Prozessdesign weiter verkompliziert werden.
Eine weitere Besonderheit der bAV ist ihre lange Datenhistorie. Sie bildet fast den gesamte Zyklus des Arbeitslebens ab, von dessen Beginn über die Anspar- bis zur Leistungsphase – und reicht im Falle von Hinterbliebenenleistungen sogar noch über den Tod des Mitarbeiters hinaus. Dafür ist ein sauberer Datenbestand unverzichtbar. Blickt man von heute aus 40 Jahre zurück, so wird schnell klar, dass diese Daten nicht seit je her in digitaler Form vorgelegen haben können. Also müssen große Datenmengen häufig erst sauber aufgearbeitet und digitalisiert werden – und zwar fehlerfrei. Das ist eine enorme Herausforderung, die sich aber schnell bezahlt macht.
Welche Erfahrungen und Stärken hat Lurse auf diesem Gebiet?
Unsere größte Stärke liegt im Onboarding von Kunden auf unsere Plattform P·LIVE. Unsere Software ist hoch flexibel und wir haben gelernt, dies effektiv zu nutzen. Es hat sich als sehr hilfreich erwiesen, dass wir unsere Kunden bereits in der Planungsphase intensiv beraten und sie zu einer
ermutigen. Da Vertrieb, Projektmanagement, Aktuariat und Entwicklung bei Lurse eng miteinander verzahnt sind, können wir potenzielle Probleme bei der Digitalisierung frühzeitig erkennen und vermeiden.
Seit über 10 Jahren digitalisieren wir Prozesse in den Bereichen bAV, LAZ und Benefits – und zwar in allen Durchführungswegen. Versorgungszusagen sind zwar höchst individuell, aber es gibt doch zahlreiche Funktionalitäten, die übergreifend erforderlich sind. Und genau die haben wir bereits implementiert. Nicht zuletzt verfügen wir über langjährige Erfahrung im automatisierten Buchen von Geld- und Depotkonten.