Sebastian Koch, Leiter der Software-Entwicklung bei Lurse, gibt spannende Einblicke in die technologischen Innovationen, die sein Team vorantreibt, sowie in die Herausforderungen und Ziele rund um die Weiterentwicklung der Lurse-Softwarelösungen www.p-live.de und Mica. Das Gespräch mit ihm führte Utta Kuckertz-Wockel, Senior-Managerin im Marketing bei Lurse.
Kannst du uns etwas über deinen beruflichen Hintergrund und deine bisherigen Erfahrungen im Bereich der Softwareentwicklung erzählen?
Schon früh hat mich mein älterer Bruder mit seiner IT-Leidenschaft angesteckt, sodass ich bereits mit 12 Jahren meine ersten Webseiten und Scripts entwickelte – und damit sogar neben der Schule etwas Geld verdiente. Nach meinem Schulabschluss startete ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung in einem großen Konzern. Dort konnte ich viele Stationen durchlaufen und verschiedene Programmiersprachen kennenlernen. Besonders faszinierte mich die Arbeit in der Abteilung Information Services, wo ich individuelle Cloud-Lösungen und datenintensive Anwendungen entwickelte. Nach meiner verkürzten Ausbildung absolvierte ich berufsbegleitend meinen Master und suchte nach einigen Jahren im Konzern bei Lurse neue Herausforderungen.
Was hat dich dazu bewogen, bei Lurse zu arbeiten, und was gefällt dir an der aktuellen Position am meisten?
Bei meinem Start bei Lurse war die IT-Abteilung klein, aber die Aufgaben groß – ideal, um Prozesse zu automatisieren und die Azure Cloud für unsere Anwendungen einzuführen. So konnten wir mit schlanken Ressourcen viel bewegen. Mit der Zeit wechselte ich von der Entwicklung in die Führung und leite seit Anfang des Jahres die gesamte Abteilung. Besonders reizen mich die Digitalisierung komplexer Prozesse in der betrieblichen Altersvorsorge sowie technische Post-Merger-Integrationen, die strategisches und technisches Geschick erfordern.
Welche Technologien und Programmiersprachen werden bei Lurse hauptsächlich verwendet?
Wir sind bei Lurse technologisch breit aufgestellt und setzen hauptsächlich auf den C#.NET- und Java-Stack. Für das Frontend setzen wir auf Angular, ein modernes Webframework, das sich hervorragend für die Entwicklung dynamischer und interaktiver Benutzeroberflächen eignet. Selbstverständlich bestehen noch Altlasten, daher werden wir in absehbarer Zeit den Schwerpunkt auf die Modernisierung legen.
Gibt es bestimmte Tools oder Plattformen, die im Bereich der betrieblichen Altersversorgung besonders wichtig sind?
Ja, definitiv. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind verschiedene Tools und Plattformen essenziell, sowohl für die interne Verwaltung als auch für die Interaktion mit Kunden. Im Zentrum stehen umfangreiche Verwaltungssysteme, die als Grundlage für die Abwicklung der bAV-Verträge dienen und dabei auch komplexe rechtliche Anforderungen sowie individuelle Leistungszusagen abbilden.
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind digitale Portale von großer Bedeutung. Sie ermöglichen es, administrative Prozesse wie Vertragsänderungen oder Leistungsanfragen einfach und effizient abzuwickeln.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Kommunikation mit externen Partnern wie Versicherern, Lohnabrechnungssystemen oder Beratern. Hier sind stabile, gut dokumentierte Programmierschnittstellen (APIs) entscheidend, um einen reibungslosen und sicheren Datenaustausch zu gewährleisten. Standardisierte Datenformate, wie etwa BiPRO, vereinfachen diesen Austausch zusätzlich, indem sie klare Vorgaben für die Struktur und Verarbeitung von Daten liefern.
Darüber hinaus sind moderne Technologien wie Identitäts- und Zugriffsmanagement-Systeme wichtig, um die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit der Plattformen zu gewährleisten. Dies wird unterstützt durch Cloud-Infrastrukturen, die skalierbar, flexibel und zuverlässig sind. Hinzu kommt eine effektive DevOps-Toolchain, die dabei hilft, Entwicklungs- und Betriebsprozesse zu automatisieren und so kontinuierliche Updates und hohe Softwarequalität sicherzustellen.
Wie planst du, die technologische Infrastruktur von Lurse weiterzuentwickeln, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden?
Unsere technologische Infrastruktur ist das Fundament für Innovation, Sicherheit und Skalierbarkeit – und muss daher kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dabei plane ich Verbesserungen in folgenden Bereichen:
Cloud-Native Modernisierung und Modularisierung:
Wir werden unsere Architektur weiter in Richtung modularer, cloud-nativer Services entwickeln – basierend auf Kubernetes, Microservices und Infrastructure-as-Code. Dabei setzen wir verstärkt auf Managed Services, um operativen Overhead zu reduzieren und uns stärker auf produktnahe Themen zu konzentrieren.
Data & AI Platform für intelligente Produkte:
Ein zentrales Ziel ist der Aufbau einer skalierbaren, datenzentrierten Plattform, um Risiken frühzeitig zu erkennen (z. B. bei versäumten Beitragszahlungen) und KI-gestützte Services wie Rentensimulationen, Sprachassistenten oder Prozessautomatisierungen gezielt weiter ausbauen.
Sicherheit, Resilienz und Compliance-by-Design:
Gerade im Umfeld der betrieblicher Altersversorgung ist Vertrauen entscheidend. Deshalb plane ich zusammen mit unserer IT die Einführung von Zero-Trust-Prinzipien in unsere Infrastruktur, ein noch höheres Maß an automatisiertem Security Testing und Auditing und eine klare Ausrichtung auf Compliance-by-Design.
Wie setzt Lurse Künstliche Intelligenz im Entwicklungsprozess ein?
Bei Lurse setzen wir Künstliche Intelligenz (KI) gezielt ein, um verschiedene Phasen der Softwareentwicklung effizienter zu gestalten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Code-Generierung und -Optimierung mithilfe KI-gestützter Assistenten in unseren Entwicklungsumgebungen. Zudem nutzen wir intelligente Monitoring-Systeme, die Anomalien erkennen und kontinuierlich dazulernen.
Mittelfristig experimentieren wir mit KI im Testmanagement, etwa zur automatisierten Erstellung von Tests und Testfällen auf Basis von Codeänderungen und historischen Fehlern. Darüber hinaus evaluieren wir den Einsatz von KI zur Analyse von Logs und Bug-Reports, um Fehler schneller und präziser zu identifizieren.
Langfristig prüfen wir den Einsatz von KI-Tools für automatisierte Architekturvorschläge und als Unterstützung bei der Code-Überprüfung in Pull-Requests, um Qualität und Effizienz weiter zu steigern.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Softwarequalität kontinuierlich zu überwachen und zu verbessern?
Um die Softwarequalität kontinuierlich zu sichern und zu verbessern, setzen wir auf einen Shift-Left-Ansatz, der Qualität von Beginn an in den Entwicklungsprozess integriert. Unsere Maßnahmen umfassen:
- Automatisierte Tests in CI/CD-Pipelines: Unit-, Integrations- und End-to-End-Tests gewährleisten, dass Fehler frühzeitig erkannt werden.
- Code-Analyse: Tools wie SonarQube helfen, technische Schulden und komplexe Codebereiche sichtbar zu machen und gezielt zu optimieren.
- Monitoring und Observability: Lösungen wie Prometheus, Grafana und OpenTelemetry überwachen in Echtzeit Performance, Fehler und Nutzungsverhalten, um Produktionsprobleme schnell zu identifizieren.
- Feature-Toggles und Canary-Releases: Neue Funktionen werden schrittweise eingeführt, um mögliche Probleme vor einem vollständigen Rollout zu erkennen.
- Feedback- und Lernzyklen: Regelmäßige Retrospektiven und Post-Mortems stellen sicher, dass Erkenntnisse aus Releases systematisch in zukünftige Projekte einfließen.
Darüber hinaus fördern wir die kontinuierliche Weiterbildung unserer Teams – sowohl technisch als auch methodisch, etwa in Scrum oder DevSecOps, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für die Software-Entwicklung in der betrieblichen Altersversorgung?
Die Herausforderungen der nächsten Jahre sehe ich in fünf zentralen Bereichen:
- Komplexität der Regulierung:
Die bAV ist stark reguliert – Änderungen durch Gesetzgeber müssen schnell und korrekt umgesetzt werden. Das erfordert eine hoch flexible und regelbasierte Architektur. - Datenintegration und Standardisierung:
Die Vielzahl an Beteiligten – Arbeitgeber, Versicherer, Payroll-Systeme – bringt heterogene Datenformate und Prozesse mit sich. Ein echter Durchbruch liegt in der Standardisierung und Automatisierung dieser Schnittstellen. - Sicherheit und Datenschutz:
Mit sensiblen personenbezogenen Daten und neuen Bedrohungen steigt der Druck auf Sicherheit. Zero-Trust-Architekturen, Verschlüsselung, Audits und kontinuierliche Penetration-Tests werden noch zentraler. - Benutzerzentrierung trotz Komplexität:
Die größte Herausforderung bleibt, hochkomplexe bAV-Produkte für Nutzer einfach, verständlich und digital zugänglich zu machen – insbesondere für Rentner oder wenig digital-affine Nutzergruppen. - Technologische Skalierbarkeit:
Mit wachsender Nutzerzahl und steigender Nachfrage nach Echtzeitservices wird Cloud-native Skalierung und eventbasierte Architektur immer wichtiger.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke in eure Arbeit.
Ich wünsche dir und deinem Team weiterhin viel Erfolg und kreative Ideen, um die P LIVE Plattform weiter voranzubringen. Alles Gute!